Picolitre dosing system PDDS

Dynamische Kontaktwinkelmessung und Tensiometer (DCAT)

Messen von imaginären dynamischen Kontaktwinkeln an Zahnimplantaten

Autor: Dr. Sebastian Schaubach, DataPhysics Instruments GmbH
Datum: 25.05.2021

Zusammenfassung

Die Tensiometer der DCAT-Serie mit ihrer speziellen Software von DataPhysics Instruments sind in der Lage, imaginäre Kontaktwinkel zuverlässig und reproduzierbar zu bestimmen. Dies ist eine wertvolle Erweiterung der dynamischen Kontaktwinkelmessmethode, da sie die Möglichkeit eröffnet, hyperhydrophile Materialien einfach zu untersuchen und vor allem die Ergebnisse auch dort quantitativ zu unterscheiden, wo herkömmliche Methoden immer Kontaktwinkel von 0° ergeben. Forscher in der Entwicklung von Zahnimplantaten und anderen biokompatiblen Materialien werden von dieser Funktion profitieren, ebenso wie alle, die auf dem Gebiet der „Hyperhydrophilie“ arbeiten und Hydrophilieunterschiede zwischen sehr hydrophilen Materialien zuverlässig quantifizieren wollen.

Einleitung

Der Wasserkontaktwinkel ist ein wichtiger Parameter, um die Benetzbarkeit eines Materials zu charakterisieren und es als hydrophil oder hydrophob zu klassifizieren. Auf Materialien, die sehr hydrophil sind, breitet sich Wasser vollständig auf der Oberfläche aus, und es wird ein Kontaktwinkel von 0° erreicht. Wenn solche sehr hydrophilen Oberflächen gesucht werden, wie z. B. bei der Entwicklung von biokompatiblen Materialien, stellt sich die Frage, ob es möglich ist, Materialien zu unterscheiden, die alle einen Wasserkontaktwinkel von 0° besitzen? Wie kann man unter ihnen dasjenige mit der besten Hydrophilie identifizieren? Die Antwort lautet: Dies wird mit sogenannten imaginären Kontaktwinkeln möglich. Die DCAT-Tensiometer von DataPhysics Instruments sind unseres Wissens nach die einzigen Messsysteme, die eine zuverlässige und reproduzierbare imaginäre Kontaktwinkelbestimmung in ihrer Software haben. Im Folgenden wird die Anwendung der Methode am Beispiel von Zahnimplantaten vorgestellt.

Die Oberfläche von Zahnimplantaten ist sehr hydrophil. Daher breitet sich Wasser auf ihr aus, was konventionell bedeutet, dass der Kontaktwinkel 0° beträgt. Imaginäre Kontaktwinkel erlauben j
Abb. 1. Die Oberfläche von Zahnimplantaten ist sehr hydrophil. Daher breitet sich Wasser auf ihr aus, was konventionell bedeutet, dass der Kontaktwinkel 0° beträgt. Imaginäre Kontaktwinkel erlauben jedoch eine weitere Unterscheidung.

Technik und Methode

Ein Tensiometer der DCAT-Serie von DataPhysics Instruments ist ein universelles Messsystem für die kraftbasierte Untersuchung von Grenzflächenparametern und -phänomenen. Mit dem Softwaremodul DCATS 32 und geeigneten Probenhaltern kann es zur dynamische Kontaktwinkelmessung an verschiedenen Festkörpern, wie Implantaten, Platten, Filmen, Pulvern, Faserbündeln und sogar Einzelfasern eingesetzt werden. Dies ist besonders nützlich für die Untersuchung hydrophiler Proben: Wenn die optische Konturanalyse an ihre Grenzen stößt, erhält man bei der dynamische Kontaktwinkelmessung mit einem DCAT dank seines präzisen Wägesystems dennoch zuverlässige und genaue Ergebnisse.

Dynamischer Kontaktwinkel bildet sich, wenn der Festkörper in die Prüfflüssigkeit mit bekannter Oberflächenspannung eingetaucht oder herausgezogen wird.
Abb. 2. Dynamischer Kontaktwinkel bildet sich, wenn der Festkörper in die Prüfflüssigkeit mit bekannter Oberflächenspannung eingetaucht oder herausgezogen wird.

Bei der dynamische Kontaktwinkelmessung wird die feste Probe über einen Halter an der Waage des Geräts befestigt und dann in eine Prüfflüssigkeit mit bekannter Oberflächenspannung γ getaucht und wieder herausgezogen (siehe Abb. 2 links). Das gemessene Gewicht m der Flüssigkeitslamelle, die die Probe an der Kontaktlinie der Länge L berührt, wird mit dem gesuchten Kontaktwinkel θ gemäß der Gleichung

Formel

wobei g die Gravitationskonstante ist. Um den Auftriebseffekt der Probe zu eliminieren, wird das gemessene Gewicht auf die Eintauchhöhe h von Null extrapoliert, bevor der fortschreitende Kontaktwinkel θadv bzw. der zurückweichende Kontaktwinkel θrec für das Eintauchen bzw. Herausziehen berechnet wird (vgl. Abb. 2 rechts).

Aus Gleichung (1) sollte er theoretisch nicht größer als 1 sein (wofür θ 0° ist). In der Praxis ergeben sich jedoch bei Messungen an sehr hydrophilen Oberflächen durchaus Werte von X > 1, insbesondere bei rauen Oberflächen, bei denen durch die Kapillarität der porösen Oberfläche eine zusätzliche Kraft bei der Benetzung entsteht (Abb. 3)

Nicht-Gleichgewichtsmodell der meniskusabhängigen Füllung bis zum vollständigen Benetzungszustand auf einer rauen Oberfläche.
Abb. 3. Nicht-Gleichgewichtsmodell der meniskusabhängigen Füllung bis zum vollständigen Benetzungszustand auf einer rauen Oberfläche.

Anstatt nun in all diesen Fällen einen Kontaktwinkel von 0° zuzuordnen, berechnet die DataPhysics Instruments Tensiometersoftware den imaginären Kontaktwinkel, d.h. die komplexe Zahl, die Gleichung (1) erfüllt. Dies eröffnet die Möglichkeit, auch zwischen sehr hydrophilen Materialien, wie den in dieser Application Note untersuchten Zahnimplantaten, zu unterscheiden.

Experiment

In dieser Anwendungsbeschreibung wurden die Vorschub- und Rückzugskontaktwinkel von drei verschiedenen titanbasierten Dentalimplantaten von Nobel Biocare® mit einem DCAT 25 bestimmt.


Dazu wurden Messungen an drei identischen Proben pro Implantat durchgeführt, die möglichst berührungsfrei aus der Verpackung entnommen und ohne weitere Reinigung oder Behandlung ana-lysiert wurden. Anschließend wurde eine der verwendeten Proben von Implantat 3 mit dem Handgerät piezobrush® PZ3 von relyon plasma (metallisch: Nearfieldmodul) plasmabehandelt und erneut gemessen. Plasma wird häufig eingesetzt, um die Hydrophilie von verschiedenen Materialien zu erhöhen.


In einem Vorversuch wurde die Oberflächenspannung des Wassers, das später als „bekannte Testflüssigkeit“ verwendet wurde, mit einer Wilhelmy-Platte gemessen, um dessen Reinheit sicherzustellen (γ = 72,8 mN/m).


Für die dynamische Kontaktwinkelmessung wurde eine Implantatprobe auf dem Probenhalter befestigt. In der Software wurde die Methode „Dynamic CA“ ausgewählt und der Durchmesser der Probe eingegeben (Implantat 1: 5,5 mm, Implantat 2: 3,0 mm, Implantat 3: 4,3 mm). Da die Implantate leicht verjüngt sind und die Spitze etwas kleiner als der angegebene Durchmesser ist, wurde die Eintauchtiefe auf 5 mm eingestellt. Dann wurde die Messung gestartet, und das Gerät tauchte die Probe automatisch in das Wasser ein und zog sie wieder heraus, woraufhin die Software die dynamischen Kontaktwinkel berechnete.

Ergebnisse

Abb. 4 zeigt die für die untersuchten Zahnimplantate ermittelten fortschreitenden (rot) und zurückweichenden (grün) Kontaktwinkel. Bei allen Implantaten gab es nur geringe Abweichungen zwischen den Messungen der drei untersuchten Proben, was zu kleinen Fehlerbalken führt (± 2,9° max. für CAadv von Implantat 3).

Dynamische Kontaktwinkel (rot: fortschreitend, grün: zurückweichend) für die drei verschiedenen Implantate und für eine plasmabehandelte Probe von Implantat 3.
Abb. 4. Dynamische Kontaktwinkel (rot: fortschreitend, grün: zurückweichend) für die drei verschiedenen Implantate und für eine plasmabehandelte Probe von Implantat 3.

Wie in Abb. 4 zu sehen ist, sind sowohl der fortschreitende CA als auch der zurückweichende CA von Implantat 1 und Implantat 2 imaginäre Werte, was darauf hinweist, dass diese beiden Arten von Oberflächen hyperhydrophile Materialien sind und extrem hohe Benetzungsraten besitzen.


Außerdem wurde eine extrem schnelle Ausbreitung von Wasser auf den Oberflächen während des Eintauchens der Proben in das Wasser beobachtet (Abb. 1), was mit den Ergebnissen der CA-Messung übereinstimmt. Darüber hinaus zeigt Implantat 1 höhere imaginäre CAs als Implantat 2, was darauf hindeutet, dass bei Implantat 1 während des Benetzungsvorgangs mehr zusätzliche Kraft durch zusätzliche Spreiz- und Kapillarkräfte festgestellt wurde. Somit ist Implantat 1 wesentlich hyperhydrophiler als Implantat 2.


Interessanterweise sind, wie Abb.4 zeigt, die fortschreitenden CAs von Implantat 3 normale CAs mit mehr als 90o, und etwa 41o der CA, nachdem die Oberfläche mit piezobrush® PZ3 behandelt wurde. Dies deutet darauf hin, dass die Benetzbarkeit seiner ursprünglichen Oberfläche nicht hydrophil ist und die Benetzungsrate extrem niedrig ist, was vernachlässigt werden kann.


Außerdem wurde beim Eintauchen keine Ausbreitung von Wasser auf der Oberfläche von Implantat 3 beobachtet. Die zurückgehenden CAs aller Proben sind jedoch die imaginären CAs, was darauf hindeutet, dass während des Herausziehens eine zusätzliche Kraft festgestellt wurde, die durch die zusätzlichen Ausbreitungs- und Kapillarkräfte verursacht wurde. Außerdem ist der CA der plasmabehandelten Oberfläche von Implantat 3 niedriger als der unbehandelten Oberfläche, was darauf hinweist, dass die Oberflächen nach der Oberflächenbehandlung hydrophiler geworden sind.


Daher sind die fortschreitenden und zurückweichenden Wasserkontaktwinkel auf Implantat 1 und 2 sowie der zurückweichende Kontaktwinkel auf Implantat 3 imaginäre Kontaktwinkel. Das heißt, konventionell wären in all diesen Fällen Werte von 0° erhalten worden. Die DataPhysics Instruments Software hat jedoch die imaginären Kontaktwinkel ermittelt, was eine weitere Unterscheidung ermöglicht.

Literatur

[1] Hyperhydrophilic rough surfaces and imaginary contact angles; H. P. Jennissen; Mat.-wiss. u. Werkstofftech. 2012, 43, 743-750; DOI: 10.1002/mawe.201200961
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