Polare Wechselwirkungen
Die Oberflächenenergie/-spannung einer Substanz ist auf unterschiedliche Wechselwirkungen zurückzuführen. Sie setzt sich aus einem dispersen und einem polaren Anteil zusammen. Polare Wechselwirkungen sind starke und weitreichende Wechselwirkungen zwischen Molekülen, die auf elektrostatischer Anziehung basieren. In vielen Molekülen ist die Ladung nicht gleichmäßig verteilt, sondern liegt in Form von Partialladungen vor. Ungleiche Ladungen ziehen sich an, wodurch es zu starken Wechselwirkungen zwischen den Ladungen kommt.
Es wird bei polaren Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Beiträgen unterschieden, die unterschiedlich stark sind und eine unterschiedliche Reichweite haben. Die stärksten Wechselwirkungen liegen zwischen Ionen vor. Sie haben mit einer Abstandsabhängigkeit von 1/r auch eine sehr hohe Reichweite. Dann folgen die Wechselwirkungen zwischen einem permanenten Dipol und Ionen mit einer Abstandsabhängigkeit von 1/r². Deutlich schwächer sind die Dipol-Dipol-Wechselwirkungen. Hier hängt die Abstandsabhängigkeit davon ab, ob die Dipole frei rotieren können oder nicht. Ein Sonderfall der Dipol-Dipol-Wechselwirkungen sind die Wasserstoff-Brückenbindungen. Es handelt sich hierbei um sehr zielgerichtete Wechselwirkungen, die zwischen Wasserstoff-Atomen und negativen Partialladungen wirken. Diese starken Wechselwirkungen sind der Grund für die hohe Oberflächenspannung von Wasser. Wenn es keine permanenten Ladungen gibt, so können diese induziert werden. Diese dispersen Kräfte sind zwar viel schwächer als die polaren, aber sie spielen eine wichtige Rolle z.B. bei Kunststoffen.
Starke Wechselwirkungskräfte sind vor allem dann wichtig, wenn es um stabile Verbindungen geht. Während disperse Wechselwirkungen auch ohne permanente Dipole möglich sind, werden für polare Wechselwirkungen Ladungen benötigt. Insbesondere sogenannte niederenergetische Oberflächen mit einer niedrigen Oberflächenenergie und einem geringen polaren Anteil können oft ohne eine Vorbehandlung nicht weiterverarbeitet werden. Eine Möglichkeit der Vorbehandlung ist die Plasmabehandlung, bei der reaktiven Spezies feinste Verunreinigungen von der Oberfläche entfernen und zusätzlich die Oberfläche durch die Anlagerung polarer Gruppen funktionalisieren. Die polaren Gruppen tragen mit ihrem Dipolmoment zu den polaren Wechselwirkungen bei, was sich auch im polaren Anteil der Oberflächenenergie zeigt. In vielen Anwendungen hat es sich gezeigt, dass nur ein ausreichend großer polarer Anteil eine Benetzung von Oberflächen mit vielen Lacken, Klebern und sonstigen Stoffen ermöglicht.
Es kann keine Substanzen geben, deren Oberflächenspannung/-energie nur polar ist, da disperse Wechselwirkungen bei allen Atomen und Molekülen vorkommen. Es gibt jedoch Substanzen, deren Oberflächenenergie/-spannung rein dispers ist, da sie keine polaren Gruppen besitzen.
Durch den Vergleich des dispersen und polaren Anteils zweier Phasen können Vorhersagen über deren Haftung aneinander abgeleitet werden. Je stärker die dispersen und polaren Anteile übereinstimmen, desto mehr Wechselwirkungsmöglichkeiten gibt es zwischen den Phasen und mit einer umso stärkeren Haftung ist dann zu rechnen (siehe Abbildung 1 und 2). Eine geringe Grenzflächenspannung/-energie zeigt sich bei einem hohen Wechselwirkungspotential zwischen zwei Phasen.
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