Klebung von PEEK-Komponenten für Dentalimplantate
Das Labor für Chemie und Oberflächenmodifikation der Hochschule Osnabrück, hat sich im Rahmen der Beta-Testphase des piezobrush® PZ3 mit dessen Effekt auf den im Dentalbereich vielfältig eingesetzten Kunststoff Polyetheretherketon (PEEK) beschäftigt.
Motivation ist hierbei eine Verbesserung der Klebfestigkeiten von möglichen PEEK/PEEK-Klebungen für (Dental-)Implantatkomponenten. Im Zuge der Untersuchungen an der Hochschule Osnabrück verglich der Wissenschaftliche Mitarbeiter Marius Behnecke verschiedene Vorbehandlungsmethoden zur Adhäsionsverbesserung. Als Motivation hierzu dient die Klebung von PEEK-Komponenten für Dentalimplantate. Im Zuge der Untersuchungen an der Hochschule Osnabrück verglich der Forscher verschiedene Vorbehandlungsmethoden zur Adhäsionsverbesserung: Einen konventionellen Schleifprozess, eine Niederdruckplasmabehandlung und die Plasmabehandlung mit dem piezobrush® PZ3 Handgerät. Hierbei zeigte sich, dass beide Plasmabehandlung dem Anschleifen überlegen waren. In den zahlreichen eingesetzten Analysemethoden zeigte sich die manuelle Plasmabehandlung mit dem piezobrush® PZ3 vergleichbar mit der in der Niederdruckkammer. Dies macht das PDD-Plasma („Piezo Direct Discharge“) des piezobrush® PZ3 zu einer hocheffizienten und flexiblen Alternative zu herkömmlichen Niederdruckplasmaprozessen für plasmamodifiziertes Polyetheretherketon (PEEK) für den Dentalbereich.
Versuchsdurchführung
Als Substratmaterial dient eine 0,6 mm dicke PEEK-Folie mit dem Handelsnamen evonik VESTAKEEP 4000g. Die Abmessungen der Proben betragen hierbei 60 x 100 mm. Zunächst werden die Oberflächen mit Isopropanol gereinigt und dann für eine Minute ins Ultraschallbad gegeben. Nach anschließendem dreimaligem Abwischen mit einer 1:1-Mischung aus Isopropanol und n-Heptan werden die Proben den unterschiedlichen Vorbehandlungen zugeführt. Die drei untersuchten Modifikationen sind:
- Schleifen der Oberfläche mit 240er Schleifpapier
- Niederdruckplasmabehandlung (Luft, 0,2 mbar, 1 Minute, 100 W)
- PDD-Plasma des piezobrush® PZ3 (Luft, Atmosphärendruck, 1 Minute, 5 W)
Es folgt der Klebstoffauftrag von Weicon RK-7300 auf Methylmethacrylat-Basis mit einer Klebschichtdicke von 0,25 mm auf 5 mm Breite und eine Härtung für 24 h bei 30°C.
Zugscherversuche
Die Qualität der adhäsiven Verbindung wird durch Zugscherversuche in Anlehnung an DIN 1465 gemessen. Lediglich die Probengeometrie weicht hierbei von der Norm ab, die Klebfläche ist DIN-gerecht. Die Prüfgeschwindigkeit an der ZwickRoell-Zugmaschine beträgt hierbei 1 mm/s. Die Zugscherfestigkeit wird durch alle drei Vorbehandlungsmethoden im Vergleich zur unbehandelten Referenz deutlich gesteigert (s. Abb. 1). Das Schleifen führt hierbei zur größten Streuung der Ergebnisse. Die Behandlung in der Niederdruckplasmakammer (LP-Plasma, „low pressure“) resultiert hingegen in der geringsten Standardabweichung. Diese als auch die Plasma-Behandlung mit dem PDD-Plasma des piezobrush® PZ3 führen zu einer deutlichen Steigerung der Zugscherkraft ohne Überlappung der Standardabweichungen mit jener der Referenzprobe. Insgesamt zeigt sich, dass die manuelle Vorbehandlung mit dem piezobrush® PZ3 vergleichbar gute Zugscherfestigkeiten erzielt wie eine Niederdruckplasmabehandlung. Beide Plasmabehandlungen sind hierbei dem Schleifen der Substrate überlegen.
Kontaktwinkelmessungen
Um die Ergebnisse der Zugversuche besser verstehen zu können, wird die Oberfläche vor und nach den unterschiedlichen Vorbehandlungen charakterisiert. Hierzu werden Kontaktwinkelmessung mit den fünf unterschiedlichen Flüssigkeiten Wasser, Diiodmethan, Formamid, Ethylenglycol und Glycerol durchgeführt. Die Auswertung erfolgt nach zwei unterschiedlichen Methoden:
- Methode von Owens-Wendt-Rabel und Kaelble (OWRK-Methode): Aufteilung der freien Oberflächenenergie in polare und disperse Anteile
- Berger-Methode: Ermittlung eines Aciditätsparameter zur Charakterisierung der sauren bzw. basischen Eigenschaften der Oberfläche
Die Kontaktwinkel der fünf Testflüssigkeiten werden jeweils mit der „Sessile Drop“-Methode (ruhender Tropfen) am OCA20 des Herstellers DataPhysics Instruments GmbH (Filderstadt, Germany) ermittelt.
Alle Modifikationen führen zu einer Erniedrigung der Kontaktwinkel und somit einer besseren Benetzbarkeit im Vergleich mit der Referenz (s. Abb. 2). Wieder zeigen die Ergebnisse der angeschliffenen Probe die größte Streuung. Sowohl die Plasmabehandlung in der Niederdruckkammer als auch die mit dem piezobrush® PZ3 Handgerät senken den Kontaktwinkel aller Testflüssigkeiten deutlich. Hierbei hat das Niederdruckplasma (LP-Plasma) den größten Einfluss auf die Kontaktwinkel der Testflüssigkeiten.
Oberflächenenergie
Aus den Ergebnissen der Kontaktwinkelmessung wird nun die Oberflächenenergie nach der OWRK-Methode ermittelt. Die Auswertung erfolgte mittels SCA20-Software des Herstellers dataphysics (Filderstadt, Germany). Das Anschleifen der Oberfläche führt hier zu einer niedrigeren Gesamtenergie, jedoch mit höheren polaren Anteilen (s. Abb. 3). Sowohl die Plasmabehandlung im Niederdruck als auch die mit dem piezobrush® PZ3 Handgerät führen zu deutlich erhöhten Oberflächenenergien auf dem PEEK Substrat mit stark erhöhten polaren Anteilen. Das Niederdruckplasma erzeugt leicht höheren polare Anteile, während die dispersen Anteile für die beiden Plasmatechnologien auf gleichem Niveau sind.
Acidität der Oberflächen
Ebenfalls auf Basis der Kontaktwinkelmessungen werden nun die Aciditätsparameter der verschiedenen Proben ermittelt. Die Auswertung erfolgt nach Berger, E. J., J. Adhes. Sci. and Techno. 5, 373 – 391 (1990). Das unmodifizierte PEEK-Substrat hat einen leicht sauren Charakter, wie der positive Wert in Abb. 4 zeigt. Das Anschleifen der Oberfläche scheint dieses Verhalten zu fördern, die Methode ist jedoch ungeeignet für stark unterschiedliche Rauigkeiten. Die Acidität sinkt sowohl durch die Niederdruckplasmabehandlung als auch durch die Behandlung mit dem piezobrush® PZ3. Im letzteren Fall erzeugt das PDD-Plasma sogar eine Oberfläche mit basischen Eigenschaften.
Rasterelektronen- und Rasterkraftmikroskopie
Um die die Oberflächenbeschaffenheit der verschiedenen Proben zu beurteilen, werden diese im Rasterelektronenmikroskop untersucht. Die Aufnahmen werden mittels AURIGA Cross-Beam Rasterelektronenmikroskop der Carl Zeiss AG (Oberkochen, Deutschland) erstellt.
In Abb. 5 wird deutlich, dass bei fünftausendfacher Vergrößerung kaum eine Veränderung der plasmabehandelten Oberflächen auftritt, im Gegensatz zur Probe nach dem Schleifprozess.
Bei zwanzigtausendfacher Vergrößerung zeigt sich eine Veränderung der Struktur der PEEK Oberfläche nach den Plasmaprozessen. Hier ist die Oberflächenbeschaffenheit sehr ähnlich nach der Behandlung mit Niederdruckplasma und mit dem piezobrush® PZ3.
Inwiefern sich die Topographie der Proben unterscheiden, kann mithilfe der Rasterkraftmikroskopie ermittelt werden. Hierbei kann die geschliffene Probe aufgrund der hohen Oberflächenrauheit nicht vermessen werden. Die unbehandelte Oberfläche der PEEK-Folie und die jeweiligen Oberflächen nach den Plasmabehandlungen werden mittels des Easyscan2 Rasterkraftmikroskop der Nanosurf AG (Liestal, Schweiz) im taktilen Modus vermessen.
Die in Abb. 7 links abgebildete Oberflächentopographie der unbehandelten Probe weist eine Oberflächenrauheit Sa= 6,7 nm auf. Nach der Behandlung der PEEK-Folie im Niederdruckplasma steigt dieser Wert auf Sa= 7,4 nm und ist damit vergleichbar mit dem nach der Behandlung mit dem piezobrush® PZ3 mit Sa= 7,1 nm.
Fazit
Auf der untersuchten PEEK-Oberfläche (evonik VESTAKEEP) führen Plasmabehandlungen zu verbesserter Haftung auch im Vergleich mit dem mechanischen Anschleifen der Oberfläche. Selbst durch hochauflösende Rasterelektronenmikroskopie kann lediglich eine Nanostrukturierung der Oberfläche festgestellt werden. Die mikro- und makroskopische Topographie wird im Gegensatz zur mechanischen Oberflächenbehandlung mittels Schleifpapier nicht beeinflusst. Durch die Methode der Kontaktwinkelmessung zeigen sich vergleichbare Ergebnisse nach der Niederdruckplasmabehandlung und der Behandlung mit dem piezobrush® PZ3 für Oberflächenenergie und Aciditätsparameter. Für beide Plasmaprozesse wurde jeweils eine Behandlungsdauer von einer Minute gewählt. Die Plasmaleistung der Niederdruckkammer beträgt hierbei 100 W, die des piezobrush® PZ3 lässt sich auf die 5 W Eingangsleistung des piezoelektrischen Transformators CeraPlas™ beziffern. Während die Kammer für das Niederdruckplasma abgepumpt und nach dem Prozess wieder belüftet werden muss, kommt das atmosphärische Plasma des piezobrush® PZ3 durch den integrieren Lüfter sogar ohne externe Gasversorgung aus. Dies macht das Handgerät zu einer hocheffizienten, kostengünstigen und flexiblen Alternative für die Plasmabehandlung von PEEK-Komponenten z.B. in der Dentaltechnik.